Von der Tiefseequappe & Entscheidungen

8. Dezember 2021

Kennen Sie Ateleopus edentatus? Das Tier gehört zur Familie der Tiefseequappen, hat keine Zähne im Oberkiefer und wurde 2016 in der Philippinnensee entdeckt. Bis zu dieser Natur-Doku vor einigen Wochen, wusste ich weder, dass es Tiefseequappen gibt noch, dass das Philippinnenmeer zu den tiefsten Gewässern der Erde zählt. Jetzt ist auch diese Bildungslücke geschlossen.

Viel interessanter als den Fisch fand ich seine zufällige Entdeckung. Eigentlich waren die Forscher auf der Suche nach etwas Anderem. Die Quappe schwamm durch ihr Scheinwerferlicht und aus war es mit ihrer Anonymität. Ich stelle mir das so vor, dass der japanische Forscher so begeistert war, dass er seinen ursprünglichen Plan über den Haufen warf und dem Fisch nachschwamm, um mehr seiner Art zu finden.

Vielleicht hat er damit den noch unentdeckten Monsterfisch, der drei Meter entfernt seine Kreise zog, übersehen. Vielleicht hat er die Umwelt gerettet, weil er keine Zeit mehr hatte Bodenproben beim nahegelegenen Schwarzen Raucher mitzunehmen. Das Goldvorkommen dort ist bis heute noch unentdeckt. Vielleicht, … man weiß es nicht. Aber so ist das mit Entscheidungen, es gibt wahrscheinlich keine perfekten.

Das wissen auch Führungskräfte. Diese Verantwortung drückt manchmal schwer auf Schultern und Gemüt. In diesem Zustand besteht die Gefahr, dass man den Eindruck hat, nurmehr zwischen zwei Alternativen wählen zu können. Entweder den Vertrag zu unterschreiben oder den Kunden zu verlieren, entweder die unerträglichen Arbeitsbedingungen zu ertragen oder arbeitslos zu werden. Dieser Tunnelblick verstellt die Sicht darauf, dass im Leben entweder-oder-Entscheidungen am Seltensten vorkommen. In den allermeisten Situationen haben wir eine Reihe von möglichen Abstufungen zwischen den Entscheidungspolen.

An dieser Stelle kommt sicher die Ansage, dass aber in diesem und jenem spezifischen Fall keinesfalls eine andere Alternative möglich sei. Der Tunnel scheint auch eine Komfortzone zu sein. Eine gute Möglichkeit, diesen einengenden entweder-oder-Rahmen loszuwerden ist beispielsweise die Frage: „Was wäre, wenn keine dieser Möglichkeiten realisiert wird?“. Darüber nachzudenken hat noch keine negativen Folgen. Gedanklich Szenarien zuzulassen und sein Bauchgefühl mit Zahlen, Daten und Fakten zu kombinieren, ist in den allermeisten Fällen hilfreich. Sie werden erstaunt sein, welche Alternativen sich auftun. Probieren Sie es einfach mal an o.a. Praxisbeispielen aus.

Wenn sie also wieder einmal in einer entweder-oder-Situation sind, nehmen Sie sich die Zeit den beschränkenden Rahmen zu entfernen, es befreit. Möglicherweise wird die Entscheidung keine andere sein als vorher, aber Ihnen wird es damit besser gehen.

Er heißt übrigens Tatsuya Kaga – der Forscher, der die zahnlose Ateleopus edentatus entdeckte.

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